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Besuchen Sie Aachen und besichtigen Sie unser Laufhaus

News vom 28.02.2016 in Allgemein

Aufstellungsbeschluss für Büchel passiert Planungsausschuss Nur die FDP will das Rotlichtviertel aus der City verbannen

Aachen. Ob Laufhaus (wie geplant) oder Kontakthof (wie es nun wahrscheinlich kommt) – Bordell bleibt Bordell. Die Stadt will einen neuen Bebauungsplan für Büchel/Nikolausviertel aufstellen. Am Donnerstag passierte die Konkretisierung des Aufstellungsbeschlusses den Planungsausschuss. Bis auf den Punkt Laufhaus/Kontakthof stimmte die FDP dem auch zu. Aber:

Der Rotlichbezirk soll zwar zurückgefahren werden und in einem Betrieb nach Vorbild etwa des Kölner Paschas konzentriert werden. Verschwinden soll er aus diesem unbestrittenen Filet-Stück mitten in der City aber nicht. Und das treibt der FDP quasi die Zornesröte ins Gesicht.

Weitere Eckpunkte im Bebauungsplan sind der Abriss des Parkhauses Büchel und die Schaffung neuen Wohnraums über Geschäfts- und Bürozeilen inklusive einer Kindertagesstätte und einer neuen Platzsituation, die Aufenthaltsqualität schaffen soll. Doch die FDP fragt sich: Wer zieht hier freiwillig hin? Und: Wer schickt hier seine Kinder in die Tagesstätte, wenn sich quasi nebenan das pralle Leben sein Weg bahnt, auch wenn Langhaus/Kontakthof nach außen hin hermetisch abgeschottet werden sollen?

Ratsherr Peter Blum: „Das horizontale Geschäft wird in die Vertikale verlagert, nicht mehr und nicht weniger, und gleichzeitig wird das Rotlichtmilieu auf die nächsten Jahrzehnte hier zementiert. Dabei besteht nun mit einem neuen Bebauungsplan die einmalige Möglichkeit, die Szene auszulagern“, schüttelt er den Kopf und mit ihm die Kollegen Joachim Moselage und Fraktionschef Wilhelm Helg.

Mit romantischen Anflügen mancher Kollegen anderer Coleur, „das Sträßchen“ sei ja nun schon immer da gewesen, können die Liberalen wenig anfangen. „Bei der letzten großen Razzia waren 90 Prozent der Damen nicht deutsche Staatsangehörige und arbeiteten sicher alle freiwillig in der Antoniusstraße“, lenkt Joachim Moselage mit einer Portion Sarkasmus den Blick auch auf Zwangsprostitution. Peter Blum will aus Insiderkreisen erfahren haben, dass Aachen in der Szene quasi „Ausbildungsstätte“ ist und die Frauen anschließend von der Antoniusstraße aus in die Bundesrepublik verteilt würden. „Das hat eben alles andere als mit einer gewissen Romantik aus Zeiten einer Josefine Mutzenbacher zu tun“, unterstreicht Moselage. Wenn nicht in der Antoniusstraße, wo dann? Man habe auch alternative Standortvorschläge, davor sie zum jetzigen Zeitpunkt zu konkretisieren, scheut man aber noch, wenngleich ein Standort in einem Gewerbegebiet mit Autobahnanschluss Favoritenstatus genießt.

Ein Geschwür mitten in der City

In Aachen stehen die Liberalen, die seit Jahren für eine Verlagerung des Rotlichtbezirks kämpfen, recht einsam da. „Während andere Städte, zum Beispiel Duisburg, versuchen, die Prostitution aus Innenstadtlagen zu verbannen, geht Aachen den umgekehrten Weg und ist nun dabei, mitten in der City ein Geschwür zu installieren“, echauffiert sich Fraktionschef Wilhelm Helg. Ihren Humor verlieren die Liberalen trotzdem nicht. Vielleicht, so unkt man, könne die Stadt in touristischen Portalen und auf Flyern neben Dom und Rathaus auch noch anpreisen: „Besuchen Sie Aachen, besichtigen Sie unser Laufhaus.“ Beim ein oder anderen Kollegen aus anderen politischen Lagern wollen sie durchaus positive Signale für ihre Sichtweise empfangen haben, aber im Großen und Ganzen heiße es dann hinter vorgehaltener Hand, dass dies in der jeweiligen Fraktion nicht durchzusetzen sei. (Wolfgang Wynands)

Quelle: SUPER-Sonntag vom 28.02.2016